Geistlicher Missbrauch in Deutschland - Intro

Cleansed.de war eine Seite für Betroffene, die hier eine geschützte, und bei Wunsch anonyme Umgebung vorfanden, um sich Luft zu machen. Täter ließen wir nur in den Dialogen zu Wort kommen.

Geistlicher Missbrauch wuchert. Das ist leider eine Tatsache. Wenn man danach im Internet sucht, wird schnell deutlich, wie viele Christen damit bereits zu tun hatten.

Positiv ist der anhaltende Trend, dieses Phänomen nicht mehr hinzunehmen. Es entstehen mehr Websites zum Thema und Betroffene finden Mut, Dinge ans Licht zu bringen.

Wenn wir dahin kommen, dass eine Fülle von Stimmen sich öffentlich gegen diese Missstände erhebt, wird sich etwas ändern.

Ich wünsche mir, dass die Kenntnis über diese Problematik zum Allgemeingut christlicher Lehre wird. Dass beispielsweise künftige Alphakurse und Glaubensgrundlagenkurse die Thematik des Missbrauchs als festen Bestandteil an Neubekehrte vermitteln. Es soll eines Tages so bekannt sein, dass kein Leiter sich das mehr leisten wird.

In der inzwischen nicht mehr spärlichen Literatur über geistlichen Missbrauch wird das Verhalten der missbrauchenden Personen oft in Vergleich zu den Pharisäersünden gesetzt. Mit Erschrecken stelle ich fest, wie zutreffend diese Analogie ist: Oder kennt jemand einen Fall, wo ein geistlicher Missbraucher umgekehrt ist, und öffentlich von seinen Praktiken Abstand genommen hat ? Es scheint so zu sein, dass ihnen - wie den Pharisäern - schier unmöglich ist, in aufrichtiger Weise von missbrauchenden Praktiken Distanz zu nehmen und dies auch öffentlich zu bekennen und Wiedergutmachung anzustreben. Auch nach vier Jahren cleansed.de fand sich nur eine Person in unserer Rubrik Umkehr ein. Und diese war keineswegs zum Missbrauch veranlagt, noch hat sie ihn lange betrieben, sondern sofort nach Erkennen eingestellt.

November 2004 und April 2008
(jh)